Dead Man's Hand by Nina Weber

Autor:Nina Weber [Weber, Nina]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Krimi/Thriller
ISBN: 9783839215432
Herausgeber: Gmeiner
veröffentlicht: 2014-01-15T23:00:00+00:00

Verdammt. Bis eben war Sara sich sicher gewesen, diesen Pot zu gewinnen. Nun rasten die Möglichkeiten durch ihren Kopf, die der König ihrem Gegner eröffnete. Mit einem Ass und einer Dame hätte er eine Straße, mit Ass-König ein höheres Paar als sie. Selbst mit einem miesen Handblatt wie König und Neun hätte Newton sie übertrumpft. Oder mit Dame und Neun.

Es nutzte nichts, weiter darüber nachzudenken. Sie erhöhte wieder um die Summe, die sie davor jeweils gesetzt hatte. Würde sie jetzt bloß checken, gäbe sie sich eine zu große Blöße.

Newton tat genau das, was sie befürchtet hatte. Er schob einen gewaltigen Stapel Chips in die Mitte. Wenn sie jetzt mitging und verlor, war es im Prinzip vorbei.

»Du wolltest doch meine Chips«, sagte er.

Sara schloss für einen Moment die Augen, um besser nachdenken zu können. Das permanente Klackern der Chips blendete sie aus, so gut das eben ging. ›Ganz ruhig‹, sagte sie sich. ›Analysiere die Situation und entscheide dich dann. Keine Panik. Lass dich nicht von der Angst leiten, auszuscheiden, sondern von deinen Beobachtungen.‹

Warum hatte Newton so stark erhöht? Weil er seine Straße komplettiert hatte? Oder nun zwei Paare – Könige und die in der Mitte liegenden Siebenen? Nein, das war weder die einzige Erklärung für sein Verhalten noch die beste. Die guten Pokerspieler kümmerten sich nicht nur um ihre Karten, sondern vielmehr um ihren Gegner. Und Newton hatte sie beobachtet, hatte gesehen, dass sie lieber einmal zu oft foldete als zu selten. Sie vermutete, dass er sie sogar auf ein hohes Handpaar festnageln konnte, weil sie direkt nach dem Blick darauf doch etwas zu begeistert gewesen war und entweder zu energisch oder zu betont lässig gesetzt hatte. Auf jeden Fall hatte er ihre Scharade durchschaut. Wenn Sara nun darüber nachdachte, musste sie sich eingestehen: Hätte sie ein Paar Könige oder Buben gehabt, hätte sie stärker erhöht, weil sie einen Full House getroffen hätte. Sie musste also davon ausgehen, dass Newton eine klare Vorstellung von ihrem Blatt hatte. Warum hatte er geraist? Jetzt fiel Sara die beste Erklärung ein: Weil Liam Newton klar war, dass eine ihrer sogenannten Scare Cards gefallen war: ein König. Der signalisierte in diesem Fall nicht nur, dass ein höheres Paar ihre Damen schlagen konnte, sondern er ebnete sogar den Weg zu einer Straße. Das aber bedeutete keineswegs, dass Newton getroffen hatte.

Sekundenbruchteile nachdem Sara ihre Augen geschlossen hatte, öffnete sie sie wieder.

»Call.«

Als sie Newton ansah, wusste sie, dass sie richtig entschieden hatte. Sie grinste, während sie ihre Damen aufdeckte. Da sie dichter am Dealer saß, musste er seine Karten gar nicht mehr zeigen. Er warf sie also ungesehen weg. Sie blieb bei der Vermutung, dass er mit Ass-Zehn gespielt hatte.

»Guter Call«, sagte er. »Du kannst ja doch mutig sein.«

Jarun lachte. »Da hat sie dich eiskalt erwischt, was, Liam!«

Dann geschah etwas Seltsames. Newton ignorierte den Russen. Stattdessen setzte die Brille ab, legte den Kopf leicht schief und strahlte Sara an. Seine Schneidezähne standen etwas schief, Grübchen taten sich neben den Aknenarben auf seinen Wangen auf. Es war nicht das schönste Lächeln der Welt, doch es wirkte authentisch.

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